Heer
Bergmarsch mit Tieren

Muli, geh voran!

Muli, geh voran!

Datum:
Ort:
Bad Reichenhall
Lesedauer:
4 MIN

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Das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall ist die einzige Dienststelle der Bundeswehr, die Trag- und Reittiere hält. Die Maultiere und Haflinger transportieren im militärischen Einsatz schwere Lasten und Personen immer dorthin, wo das Gelände für Fahrzeuge jeglicher Art nicht mehr zugänglich ist.

Soldaten stehen mit ihren bepackten Maultieren auf einem Wanderweg.

Auf der Zwieselalm angekommen, werden die Tiere abgeladen

Bundeswehr/Tobias Jesse

Das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 ist die zentrale Einrichtung der Bundeswehr für die Ausbildung und den Einsatz von Trag- und Reittiere. Es gehört als selbstständige Einheit zur Gebirgsjägerbrigade 23.

Bis zu viermal die Woche gehen, dem natürlichen Bewegungsdrang der Vierbeiner entsprechend, die Soldaten mit ihren Tieren auf einen Bergmarsch. Dieses Mal steht eine Versorgungstour auf die Berghütte des 1.782 Meter hohen Zwiesel an, dem Hausberg der Tragtierführer in den Chiemgauer Alpen. Die Tragtiere werden dabei von Gebirgsjägern, den Tragtierführern, geführt. Sie lernen mit den Tieren professionell umzugehen. Die angehenden Tragtierführer durchlaufen genau dafür eine separate fünfwöchige Dienstpostenausbildung.

Soldaten müssen fit sein

Mehrere Soldaten gehen mit ihren Maultieren hintereinander an einer Kaserne entlang, im Hintergrund Berge.

Die Hochstaufen-Kaserne ist das Zuhause der Soldaten und Tiere des Einsatz- und Ausbildungszentrums für Tragtierwesen. Der Zwiesel, der Hausberg der Gebirgsjäger, bestimmt das Panorama.

Bundeswehr/Oliver Keller

Der Umgang mit den Tieren macht die Ausbildung zu etwas Besonderem. Das Satteln, Be- und Abladen von Lasten oder die Pflege und Wartung des Materials gehören genauso dazu wie die Grundzüge der Veterinärmedizin. Dabei ist das eigenverantwortliche, frühzeitige Erkennen von Krankheiten und Verletzungen der Vierbeiner sehr wichtig. Darüber hinaus müssen die Soldaten auch körperlich mit den Tieren mithalten. Tragtierführer müssen in unwegsamen Gelände bis zu 600 Höhenmeter in der Stunde mit etwa 15 Kilogramm Gepäck aufsteigen. Dies erfordert ein hohes Maß an körperlicher Robustheit und Leistungsfähigkeit. „Die Soldaten müssen befähigt sein, ihr Tier hoch und auch wieder runter zu führen. Es bringt keinem etwas, wenn dem Soldaten auf dem Marsch das Tier abgenommen werden muss. Die Soldaten werden hierfür trainiert“, beschreibt Hauptfeldwebel Steven Pyko. Er ist der Zugführer des 3. Tragtierzuges.

Bevor der Marsch auf den Zwiesel beginnt, bereiten die Tragtierführer ihre Tiere vor. Sie kratzen unter anderem die Hufe aus, kontrollieren die Hufeisen und den gesundheitlichen Zustand.

Gutmütig und gradlinig

Zwei Soldaten halten den Huf eines Maultieres in den Händen und kontrollieren ihn.

Nach dem Erreichen des Ziels, hier die Zwieselalm, entladen die Tragtierführer ihre Maultiere und überprüfen den Zustand der Hufe und Hufeisen

Bundeswehr/Oliver Keller

Der Aufstieg zur Zwieselalm hat es in sich. Rund sieben Kilometer Wegstrecke und 900 Höhenmeter liegen vor den Soldaten mit ihren Tieren. Um sicher auf dem Berg anzukommen, braucht es nicht nur fähige Tragtierführer. Auch die Tragtiere sind erlesen und entsprechend gut ausgebildet. Für die Beschaffung der Tiere ist das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 selbst verantwortlich. Über den Ankauf der Tiere entscheidet ein eigens zusammengestelltes Team bestehend aus einem Veterinäroffizier, einem Hufbeschlagschmied und einem erfahrenen Tragtierführer. Da die Tiere im Falle einer Nichteignung nicht zurückgegeben werden können, werden die Mulis besonders geprüft.

Maultiere, auch Mulis genannt, sind Kreuzungen aus einer Pferdestute und einem Eselhengst. Da die Hybriden in der Regel unfruchtbar sind, werden an deren Zucht besondere Ansprüche gestellt. Für die Gebirgsjägerbrigade 23 ist die Beschaffung der Tiere nicht immer einfach. In besonderen Fällen muss auf Tiere aus dem europäischen Ausland, wie Spanien, zurückgegriffen werden. Bei der Auswahl achtet man neben der körperlichen Verfassung und einem Stockmaß von mindestens 1,50 Meter auch auf die Charakterfestigkeit. Das Maultier muss von Haus aus ruhig, gutmütig und gradlinig sein. Es darf nicht auf einen einzelnen Menschen fixiert sein, um zu gewährleisten, dass es mit vielen verschiedenen Soldaten einsetzbar ist.

Lastenausbildung mit fünf Jahren

An einer Holzwand hängen mehrere Sättel und Zaumzeug für Tragtiere.

In der Sattelkammer: Das Material ist auf die Tragtiere individuell zugeschnitten. Sorgfältig wird es gepflegt, gewartet und gelagert.

Bundeswehr/Oliver Keller

Idealerweise werden die Mulis im Alter von fünf Jahren angekauft. Denn dann ist ihre Konstitution bereits stark genug ausgeprägt, um mit der Lastenausbildung zu beginnen. Seinen Leistungshöhepunkt hat das Tragtier in der Regel mit zehn bis zwölf Jahren. Wie lange und in welchem Umfang die Vierbeiner im Dienst bleiben, entscheiden die Veterinäre jedoch ganz individuell anhand des Gesundheitsstatus. Jedes Maultier und jeder Haflinger, das als Reittier genutzt wird, besitzt einen sogenannten Equidenpass. Wie bei einem Personalausweis werden hier alle Daten der Tiere aufgeführt. Neben der Identifikationsnummer, Namen und medizinischen Informationen sind auch die optischen Merkmale, sogenannte Abzeichen, aufgeführt.

Ihren Namen erhalten die Tiere von den Soldaten. Der Anfangsbuchstabe hängt dabei von dem Geburtsjahr ab. Eine Hufbeschlagnummer wird in die Hufwand gebrannt, um auch neuen Soldaten eine Identifikation zu ermöglichen. Aus Tierschutzgründen erhalten die Tiere kein Brandzeichen auf die Haut.

120 Kilogramm Nutzlast

Genau wie die Soldaten müssen auch die Lastentiere sehr robust sein. Ihr Tragegestell wiegt dabei 45 Kilogramm, je nach Fitnesszustand und Körperbau dürfen bis zu 120 Kilogramm Nutzlast zugeladen werden. Abgesehen von Munition, Waffen oder Spezialausrüstung besteht das Gepäck der Vierbeiner auch aus Lebensmitteln oder Versorgungsgütern für die Berghütten der Region.

Das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 unterstützt die Almhütte auf der Zwieselalm nunmehr seit über 45 Jahren mit seinen Tragtieren beim Transport von Versorgungsgütern aller Art. Über die Sommersaison verteilt kommen hier zwischen 20 und 30 Einsätze zusammen, bei denen je nach Bedarf zwischen vier und zwölf Mulis gebraucht werden.

von Tobias Jesse und Oliver Keller

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